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Kleines Mädchen isst Wassermelone

Unser Geschmackssinn

Erfahren Sie mehr über die Grundlagen und Besonderheiten der Geschmackswahrnehmung. Wir erklären was mit den Geschmacksrichtungen süß, sauer, bitter, salzig und umami auf sich hat.

Grundlagen und Besonderheiten der Geschmackswahrnehmung

Mit Sicherheit ist es Ihnen schon einmal genauso ergangen, dass Sie in etwas Saures gebissen haben und gar nicht anders konnten, als den Mund und das ganze Gesicht zu verziehen. „Sauer macht lustig“ heißt es schließlich so schön. Die Beschreibung verschiedener Geschmacksrichtungen ist dabei eng mit unseren Emotionen verknüpft. „Eine bittere Miene machen“ oder „sauer aufstoßen“ sind sprachliche Ausdrücke von Gefühlszuständen, deren Ursprung in unserer Entwicklungsgeschichte zu finden ist. Wir wissen allerdings nur wenig über unseren Geschmackssinn und wie er unsere Lebensmittelauswahl beeinflusst. In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über die physiologischen Grundlagen des Schmeckens, über die Entwicklung von Vorlieben und Abneigungen und über die Veränderung unserer Geschmackswahrnehmung.

Der Geschmackssinn als Evolutionsvorteil

Unser Geschmack betrifft den gesamten Körper und war in der Steinzeit sogar eine Sinneswahrnehmung, die buchstäblich über Leben und Tod entscheiden konnte. Ein süßer oder salziger Geschmack deutete auf ein nährstoffreiches Lebensmittel hin. Süßes suggerierte, dass das Lebensmittel reich an Kohlenhydraten ist und somit viel Energie lieferte, die für die Jagt und das Sammeln von Nahrung notwendig war. Salziges enthält viele Mineralstoffe und leistet somit ebenfalls einen wertvollen Beitrag zur Nährstoff- und Energieversorgung. Ein saurer oder gar bitterer Geschmack hingegen deutete auf eine ungenießbare oder sogar giftige Pflanze oder auf den Verderb des Nahrungsmittels hin. Wer in der Steinzeit also durch einen ausgeprägten Geschmackssinn vor dem Verzehr potentiell schädlicher Substanzen gewarnt wurde, besaß einen entscheidenden Überlebensvorteil gegenüber weniger geschmacksempfindlichen Menschen.

Die fünf Geschmacksrichtungen

Für jede Geschmacksrichtung existieren im Mundraum eigenständige Sinneszellen, die mit speziellen Rezeptoren (Erkennungsmolekülen) die verschiedenen Geschmacksstoffe erkennen. Die Rezeptoren für die Geschmacksqualitäten salzig und sauer sind bisher noch wenig erforscht, für die Rezeptoren für süß, umami und bitter liegen hingegen zahlreiche Daten vor.

Süßwaren, Zitrone, Salz, Teegläser, Wurst- und Käseplatte

  • Süß
    Lebensmittel, die vor allem Zucker und andere Kohlenhydrate enthalten, nehmen wir vornehmlich als süß wahr. Es gibt aber auch andere Stoffklassen, die unsere süßen Sinneszellen anregen. Dazu gehören einige Aminosäuren oder Zuckeralkohole in Fruchtsäften und Süßstoffe.
  • Sauer
    Zitrussaft und organische Säuren schmecken sauer und sorgen dafür, dass uns beim Verzehr einiger saurer Leckereien die Gesichtszüge entgleiten. Säuren spalten in wässrigen Lösungen Wasserstoff-Ionen (H+) ab, die chemisch für diesen Reiz verantwortlich sind.
    Ein Tipp: Erfahren Sie mehr zum Thema Säuren und Basen.
  • Salzig
    Nahrungsmittel, die größere Mengen Speisesalz enthalten, schmecken salzig – wenig überraschend. Unser Kochsalz besteht aus Natrium und Chlorid, aber auch andere Mineralsalze, wie beispielsweise aus Kalium oder Magnesium, können die entsprechende Region auf unserer Zunge aktivieren.
  • Bitter
    Die Zahl unterschiedlicher Bitterstoffe ist riesig und umfasst mehrere Stoffklassen, wie beispielsweise Glucosinolate in Kohlgemüse oder Saponine in Hülsenfrüchten und Hafer.
    Nur 25 verschiedene Geschmacksrezeptoren reichen aus, um Zehntausende von Bitterstoffen schmecken zu können. Früher deuteten sie auf giftige Pflanzenarten hin, heute wissen wir, dass sie auch viele gesundheitsfördernde Eigenschaften mit sich bringen und die Verdauung stimulieren, indem sie die Bildung von Magen- und Gallensaft anregen. Zahlreiche Kräuter, darunter Löwenzahn, Brennnessel und Bärlauch, enthalten solche Bitterstoffe, die sich positiv auf unsere Gesundheit auswirken.
  • Umami
    Umami beschreibt einen herzhaft-würzigen Geschmack, den manche auch als herzhaft-fleischig bezeichnen, da er stark an den Geschmack einer Fleischbrühe erinnert. Ausgelöst wird dieser Eindruck vor allem durch die beiden Aminosäuren Glutamin- und Asparaginsäure. Sie sind Bestandteil vieler Eiweiße in unserer Nahrung. Glutaminsäure ist zum Beispiel reichlich in Tomaten, Fleisch und Käse vorhanden, Asparaginsäure in Spargel.
    Glutamat, das bekanntermaßen in der chinesischen Küche häufig zum Einsatz kommt, ist ein Salz der Glutaminsäure. Es wird in der Lebensmittelindustrie gerne auch als Geschmacksverstärker eingesetzt, um den herzhaften und würzig-fleischigen Geschmack der Speisen zu betonen.

Chillischoten

Sie vermissen die Geschmacksqualität „scharf“?

Obwohl „scharf“ oft als Geschmacksrichtung beschrieben wird, handelt es sich hierbei eigentlich nicht um einen Geschmack, sondern um eine Schmerzwahrnehmung. Tast- und temperaturempfindliche Nerven in der Zunge leiten das Schmerzsignal an unser Gehirn weiter. Dieses wird ausgelöst durch einen Stoff namens „Capsaicin“, der beispielsweise in Chili enthalten ist, und Körperreaktionen wie tränende Augen und Hitzewallungen auslöst.

Wie empfinden wir Geschmack?

Geschmack im eigentlichen Sinne beschränkt sich auf die fünf oben aufgeführten Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig, bitter und umami.
Noch immer hält sich hartnäckig der Mythos, dass es für jede Geschmacksrichtung einen bestimmten Bereich auf unserer Zunge gibt, mit dem wir besonders gut „sauer“ oder besonders intensiv „süß“ schmecken können. Diese Annahme wird fälschlicherweise in vielen Lehrbüchern abgebildet, ist jedoch mittlerweile überholt. Tatsächlich ist es nämlich so, dass wir überall auf unserer Zunge die Geschmäcker süß, salzig, sauer, bitter und umami wahrnehmen können, wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Die seitlichen Zonen sind insgesamt lediglich sensibler als der mittlere Bereich. Wie so oft, gibt es aber auch hier eine Ausnahme: Ein bitterer Geschmack wird in der hinteren Zungenregion besonders intensiv wahrgenommen. Dies scheint ein Selbstschutzmechanismus des Körpers zu sein, um giftige oder verdorbene Lebensmittel rechtzeitig zu erkennen und ausspucken zu können, bevor sie hinunter geschluckt werden.

Unsere Zunge, ein extrem beweglicher und gut durchbluteter Muskel, ist übersät mit unzähligen kleinen Geschmackspapillen. Das sind kleine Erhebungen unter der Schleimhaut, durch die die Oberfläche der Zunge um ein Vielfaches vergrößert wird. So können die einzelnen Geschmacksstoffe besser erfasst und wahrgenommen werden. Das gleiche Prinzip der Oberflächenvergrößerung wird übrigens auch im Magen-Darm-Trakt durch die Darmzotten im Dünndarm erreicht.

In den Geschmackspapillen befinden sich die sogenannten Geschmacksknospen. Diese zwiebelförmigen Zusammenlagerungen von 50 bis 150 lang-gestreckten Zellen sind nicht nur auf der Zunge vorhanden, sondern sind auch in der seitlichen Mundschleimhaut sowie in den Schleimhäuten des Gaumens, Kehldeckels, Rachens und des Schlundes eingebettet.

Ingesamt besitzen wir mehrere tausend Geschmacksknospen. Ausgestattet mit trichterförmig angeordneten Sinneszellen bilden sie das eigentliche Geschmacksorgan und lassen sich anhand ihrer Gestalt und ihrer Funktion unterscheiden. Üblicherweise beruht die Einteilung der Sinneszellen auf ihrer Erscheinungsform. Für jede Grundgeschmacksart ist eine eigenständige, genetisch festgelegte Population von Sinneszellen vorhanden. Die Wahrnehmung eines bestimmten Geschmacks wird demnach durch die Erregung der zugehörigen Sinneszellen im Mund erreicht.

In unserer Nahrung enthaltene Geschmacksstoffe erregen die Sinneszellen und führen zur Freisetzung eines Botenstoffs, dem Neurotransmitter ATP (Adenosintriphosphat). Dieser sorgt dafür, dass die Reize von Nervenfasern aufgenommen und zum Gehirn weitergeleitet werden. Spannend bleibt weiterhin die Frage, wie genau unser Gehirn das aus den fünf verschiedenen Sinneszelltypen freigesetzte ATP als „richtige“ Geschmacksqualität interpretiert. Darüber hinaus wird eine Vielzahl weiterer Botenstoffe ausgeschüttet. Ihre Funktion ist nicht eindeutig aufgeklärt. Wissenschaftler vermuten jedoch, dass sie der Kommunikation der Sinneszellen untereinander dienen.

Geschmack als Vereinigung mehrerer Sinneseindrücke

Welcher Geschmack geschmeckt wird und wie intensiv diese Wahrnehmung ist, hängt nicht nur von den Sinneszellen der Zunge ab. Der aromatische Feingeschmack wird mit Hilfe des Geruchssinns wahrgenommen. Diese beiden Sinne, Geruchs- und Geschmackssinn, sind nämlich eng miteinander verknüpft. Beim Essen riechen wir quasi „von hinten“, indem beim Kauen und Atmen Luft aus dem Nasenrachenraum in die Riechspalte der oberen Nase hinauf gelangt. Geruchsrezeptoren erkennen bestimmte Duftmoleküle und Aromen und leiten den Sinneseindruck ebenfalls an das Gehirn weiter. Dort werden die Sinneseindrücke aus Mundraum und Nase im Geruchs- und Geschmackszentrum kombiniert, interpretiert und als spezifischer Sinneseindruck dargestellt, den wir als Geschmack empfinden.

Wussten Sie schon, …
… dass viele Raubtiere Süßes nicht schmecken können?

Ein internationales Forschungsteam hat herausgefunden, dass Katzen, Seelöwen, Delphine und andere Raubtieren ihren Geschmacksinn für Süßes verloren haben, als sie sich auf Fleisch als Nahrungsquelle spezialisierten. Besonders interessant ist, dass die betroffenen Arten aus ganz unterschiedlichen Säugetiergruppen stammen und es sogar innerhalb der Gruppen Arten gibt, die Süßes schmecken und andere wiederum nicht. Alle Raubtierarten ohne Süßgeschmackssinn sind allerdings strikte Fleisch- oder Fischfresser, während diejenigen, die noch Süßes schmecken können, neben Fleisch oft auch andere Nahrung fressen. Die sich verändern Nahrungsgewohnheiten und der Wandel zum obligatorischen Fleischfresser haben den Verlust der Süßwahrnehmung bei den Raubtieren wahrscheinlich gefördert. Der Süßgeschmack komme in Fleisch und Fisch nämlich nicht vor, sodass er für die reinen Fleischfresser entbehrlich sei, so die Forscher.

Beim Essen setzt sich das Aroma einer Speise oder eines Lebensmittels aus verschiedenen Komponenten zusammen. Dazu gehören die fünf Geschmacksrichtungen, die Konsistenz und Textur, die Temperatur und der Geruch. Die Vielfalt der unterschiedlichen Eindrücke macht letztendlich den typischen Geschmack aus und sorgt dafür, dass ein Apfel nach Apfel schmeckt und ein Stück Schokolade eben so, wie es schmeckt.

Wie wichtig der Geruchssinn für das Empfinden von Geschmack ist, können Sie ganz einfach selbst überprüfen. Zimt schmeckt nur nach Zimt, wenn wir ihn gleichzeitig riechen. Halten wir uns die Nase zu, schmeckt das Pulver nach nichts und man spürt nur ein pelziges Gefühl auf der Zunge.
Ein weiteres Beispiel: Essen Sie einen Apfel mit zugehaltener Nase, werden Sie zwar vermutlich einen süß-sauren Geschmack auf der Zunge haben, das charakteristische Apfelaroma werden Sie hingegen wahrscheinlich nicht wahrnehmen. Schaffen Sie es, mit geschlossenen Augen und zugehaltener Nase einen Apfel von einer Birne zu unterschieden?

Der Geschmackssinn unserer Zunge vermittelt also nur die Qualität eines Geschmacks – süß, sauer, salzig, bitter oder umami – und der aromatische Feingeschmack entsteht erst dank unseres Geruchssinns.

Geschmack ist erlernbar und verändert sich

Studien haben gezeigt, dass unser Geschmackssinn bereits im Mutterleib geprägt wird. Die Ernährungsgewohnheiten der werdenden Mutter haben einen Einfluss auf die späteren Vorlieben ihrer Kinder. Bereits über das Fruchtwasser nimmt der Fötus diverse Geschmacksstoffe auf, die aus der mütterlichen Ernährung stammen. Evolutionär bedingt haben Säuglinge und Kleinkinder eine angeborene, genetische Präferenz für Süßes. Studien konnten zum Beispiel zeigen, dass die Schluckrate des Kindes bei süß schmeckendem Fruchtwasser steigt und im Gegensatz dazu sinkt, wenn das Fruchtwasser bitter schmeckt. Weiterhin gibt es Hinweise darauf, dass Neugeborene Vorlieben für bestimmte Aromen entwickeln, wenn diese zuvor von der Mutter während der Schwangerschaft vermehrt aufgenommen wurden. Beim Stillen setzen sich diese Gewöhnungsprozesse fort. Konsumierten die Mütter in einer Studie beispielsweise während Schwangerschaft und Stillzeit Karottensaft, bevorzugten ihre Neugeborenen später bei der Umstellung auf feste Kost Getreidebreie mit Karottengeschmack. Die Entwicklung des Geschmacks ist ein Prozess, der schon im Mutterleib beginnt, sich beim Säugling fortsetzt und im Kindesalter noch lange nicht endet.

Kinder verhalten sich gegenüber unbekannter Nahrung eher zurückweisend, da sie bisher keine Erfahrungen damit gemacht haben. Durch erworbene positive Erfahrungen mit bekömmlichen Lebensmitteln und angenehmen Geschmäckern entwickelt sich eine Geschmacksvorliebe. Dieser Prozess wird auch als Präferenzlernen bezeichnet. Im Gegensatz dazu entwickelt sich eine Abneigung, wenn nach dem Verzehr unbekannter Nahrung Verdauungsbeschwerden auftreten. Bei dieser konditionierten Geschmacksaversion reicht bereits ein einziges negatives Ereignis, um eine starke Abneigung hervorzurufen. Anders herum wird die Abneigung mit der Zeit „ausgelöscht“, wenn ein als „gefährlich“ eingestuftes Lebensmittel mehrmals konsumiert wird, ohne dass erneut Beschwerden auftreten.

Kaffee ist ein gutes Beispiel dafür, dass man sich auch an verschiedene Geschmachsqualitäten gewöhnen kann. Oftmals müssen wir Lebensmittel erst über einen längeren Zeitraum immer wieder regelmäßig probieren, bevor wir gefallen an ihnen finden. Der Kaffee schmeckt zunächst vielleicht nur mit reichlich Milch und Zucker und durch eine sukzessive Reduktion des Zucker- und Milchanteils mögen wir ihn nach einiger Zeit auch pur.

Mere-Exposure-Effekt und spezifisch-sensorische Sättigung

Dieser Effekt wurde 1968 entdeckt und beschreibt das „Hineinschmecken“ in bestimmte Ess- und Geschmacksvorlieben. Neben den genetischen Präferenzen, zum Beispiel für Süßes und Salziges, ist das, was gemocht oder nicht gemocht wird, auch das Ergebnis eines Lern- und Gewöhnungsprozesses. Der Mere-Exposure-Effekt bezeichnet dabei die Etablierung einer bestimmten Geschmacksvorliebe durch wiederholte Exposition. Wenn Sie ein Lebensmittel, das Sie nicht mögen, immer wieder und regelmäßig probieren, gewöhnen Sie sich zunehmend an den Geschmackseindruck und Ihre Abneigung wird gemindert oder entwickelt sich sogar zu einer Vorliebe.

Eng mit diesem Effekt verbunden ist die spezifisch-sensorische Sättigung, bei der die Wiederholung gleichartiger sensorischer Eindrücke zu deren Abschwächung führt. Sie entwickelt sich recht schnell und bleibt lange aufrechterhalten, bevor sie wieder absinkt. Vermutlich soll auf diese Weise einem Nährstoffmangel durch einseitige Kost vorgebeugt werden.

Die spezifisch-sensorische Sättigung und der Mere-Exposure-Effekt greifen bei der Geschmacksentwicklung ineinander. Ihre Lieblingsspeise wird nur zu einer, wenn sie nicht zu häufig gegessen wird, aber doch so oft, dass sich eine Gewöhnung an den Geschmack einstellt. Langfristig wird die Vorliebe durch den Mere-Exposure-Effekt gefestigt, jedoch kurzfristig durch die spezifisch-sensorische Sättigung vermindert.

Diagramm zu Vorlieben und Abneigungen

Das Geschmackserkennungs-Gedächtnis

Ob wir für ein Lebensmittel eine Vorliebe oder eine Abneigung entwickeln, hängt nicht nur von dessen Geschmack ab, sondern auch davon, welche Wirkungen es auf unseren Körper hat. Dazu wird die Gesamtheit der Informationen, die bei der Nahrungsaufnahme entsteht – Sättigungssignale des Verdauungstrakts und sensorische Eindrücke – in unserem Gehirn zu einem Gesamteindruck zusammengefügt und im unbewussten sogenannten Geschmackserkennungs-Gedächtnis abgespeichert. Dieser Vorgang ist sehr komplex und involviert neben dem kompletten Verdauungstrakt auch mehrere verschiedene Gehirnregionen.

Aromen

Aromen werden bei der Verarbeitung von Lebensmitteln eingesetzt, um den Geschmack und/oder den Geruch von Lebensmitteln zu verändern beziehungsweise zu verbessern. Unter diese Bezeichnung fallen Aromastoffe, die durch chemische Synthese oder durch chemische Isolation gewonnen werden, sowie Aromaextrakte. Letztere sind definiert als komplexe chemische Stoffgemische, die aus pflanzlichen, tierischen oder mikrobiologischen Ausgangsmaterialien gewonnen und für den menschlichen Verzehr aufbereitet werden. Ihre Zusammensetzung kann in Abhängigkeit des verwendeten Rohstoffs stark variieren.

Aromastoffe können weiterhin in natürliche, naturidentische und künstliche Aromastoffe eingeteilt werden. Natürlichen Aromen liegen pflanzliche, tierische oder mikrobiologische Ausgangsstoffe zugrunde, aus denen der Aromastoff mittels Extraktion oder Destillation gewonnen wird. Beispiele hierfür sind Vanillin aus Vanilleschoten und L-Menthol aus Pfefferminze.
Naturidentische Aromastoffe sind chemisch mit ihrem natürlichen Pendant identisch, werden aber synthetisch hergestellt.
Künstliche Aromastoffe werden durch chemische Synthese hergestellt und kommen in Lebensmitteln nicht natürlich vor.

Die Zulassung der Aromastoffe und ihre Verwendung in Lebensmitteln wird in der europäischen Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 streng geregelt. An die Verwendung des Begriffs „natürlich“ gelten darüber hinaus bei der Lebensmittelkennzeichnung besondere Anforderungen. Aromastoffe werden vor ihrer Zulassung in der EU von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf Unbedenklichkeit geprüft und Höchstmengen abgeleitet.

Etwa 1.700 verschiedene Aromastoffe, die bei der Herstellung von Lebensmitteln eingesetzt werden, wurden bisher als gesundheitlich unbedenklich bewertet. Leider schlägt die Lebensmittelindustrie bei ihrem Einsatz häufig ein wenig über die Stränge mit der Folge, dass überaromatisierte Speisen unseren Geschmackssinn abstumpfen lassen. Was uns damals noch richtig gut geschmeckt hat, schmeckt uns zunehmend zu fad. Natürlicher Geschmack hat gegenüber den künstlich verstärkten Geschmäckern kaum noch eine Chance. Daten aus Studien ergaben, dass wir heute um ein Vielfaches intensivere Geschmacksreize brauchen als noch vor zehn Jahren.

Auch wenn zugesetzte Aromen in der Regel nicht schädlich sind, nehmen Sie uns die Natürlichkeit eines Lebensmittel und verfälschen seine wahre Qualität. Unserer Geschmackssinn wird getäuscht, der schließlich ursprünglich dazu bestimmt war, die Qualität einer Nahrung oder einer Speise zu beurteilen. Des Weiteren sollen Aromastoffe unseren Appetit anregen. Ebenso wie Zucker und Salz reizen zugesetzte Aromen und Geschmacksverstärker unsere Geschmacksknospen und sorgen dafür, dass wir immer mehr wollen und nicht genug bekommen können. Wem fällt es nicht schwer, nur die halbe Chipstüte zu essen oder sich nur ein Stück von der Schokoladentafel abzubrechen und den Rest zurückzulegen?

Die gute Nachricht ist, dass rohen und nativen Lebensmitteln keine Aromen zugesetzt werden dürfen. Dazu gehören Lebensmittel, die keiner Verarbeitung unterzogen werden, wie zum Beispiel frisches Obst und Gemüse sowie Honig.

Übrigens: Wir verzichten bewusst bei all unseren Produkten auf den Zusatz von künstlichen Farb- und Aromastoffen und setzten ausschließlich natürliche Aromen ein, wo es unbedingt nötig ist.

Zusammenfassung

Bei der Entwicklung des Geschmacks sind wir also nicht gänzlich unseren Genen ausgeliefert. Vielmehr wird unser Geschmackssinn stark durch erlerntes Verhalten und durch Erfahrungen geprägt und auch verändert. In bestimmte Geschmacksvorlieben schmecken wir uns erst durch Gewöhnung hinein, können aber auch das genaue Gegenteil erzielen, wenn wir einem Geschmackseindruck zu häufig ausgesetzt sind. Besonders die im Zuge der industriellen Lebensmittelproduktion zugesetzten Aromen tricksen unseren Geschmackssinn aus und führen dazu, dass wir nach immer intensiveren Geschmacksreizen verlangen und die Nähe zu naturbelassenen Lebensmitteln verloren geht.

Wir möchten Ihnen daher folgenden Tipp mit auf den Weg geben: Tauchen Sie ein in die vielfältige Welt der Geschmäcker und schmecken Sie mit allen Sinnen. Probieren Sie Neues aus und lassen Sie sich nicht entmutigen, falls Ihnen etwas nicht sofort schmeckt. Durch die regelmäßige Wiederholung von Aromen gewöhnen wir uns an diese und entwickelt allmählich eine Präferenz. Je mehr Aromen und Geschmäcker Sie kombinieren, desto besser. Und wenn Sie zurück zur Natürlichkeit finden wollen, scheuen Sie sich nicht, wieder selbst zum Kochlöffel zu greifen. Sie werden staunen, wie Sie ein Gericht ganz einfach mit ein paar Gewürzen und Kräutern aufwerten können.

Lassen Sie es sich schmecken!

Quellen:

  • Fried MP (2016): Geruchs- und Geschmacksstörungen. Merck Sharp & Dome Corp. (Hg.).
  • Vent J, Hummel T: Besonderheiten des Riechen und Schmeckens. Arbeitsgemeinschaft Olfaktologie und Gustologie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. Bonn (Hg.).
  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IGQiG) (Hg.) (2016): Wie funktioniert die Zunge? https://www.gesundheitsinformation.de/wie-funktioniert-die-zunge.2260.de.html. Zugriff: 03.09.2019.
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  • Jiang P et al. (2012): Major taste loss in carnivorous mammals. PNAS March 27, 2012 109(13): 4956-4961.
  • Reitmeier S (2014): Ernährungssozialisation in der frühen Kindheit. Ernährung Umschau 61(7): M116-M122.
  • Ellrott T (2013): Psychologische Aspekte der Ernährung. Diabetologie 2013; 8: R57-70.
  • Wölfle U, Schempp CM (2018): Bitterstoffe – von der traditionellen Verwendung bis zum Einsatz an der Haut. Zeitschrift für Physiotherapie 2018; 39: 210-215.
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  • Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2019): Aromastoffe und Aromen. https://www.bfr.bund.de/de/aromastoffe_und_aromen-54440.html. Zugriff: 23.09.2019.

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